Skip to main content

Genderleicht – ein wirklich eleganter Buchtipp

„Mehr Stolz, ihr Frauen!“ Mit diesem Zitat von Hedwig Dohm (1831–1919), Ahnfrau der Frauenbewegung, überschreibt Christine Olderdissen eines der sieben Kapitel in ihrem Handbuch zur gendergerechten Sprache. Und ja, es ist Zeit für mehr Stolz auch in der Sprache. Frauen haben schon längst bewiesen, was sie alles können. Höchste Zeit, dass sie auch in unserer Sprache nicht mehr hinter den „generischen Maskulinum“ verschwinden.

Schreibregeln und Kreativität

Das Buch, das aus dem Projekt genderleicht.de des deutschen Journalistinnenbundes hervorgegangen ist, zeigt an zahlreichen Beispielen, wie gendergerechte Sprache elegant gelingt. Es eignet sich besonders für alle, die im Bereich Öffentlichkeitsarbeit, Marketing und Journalismus unterwegs sind. Die Autorin erklärt nicht nur Schreibregeln, sondern lädt auch zur Kreativität im Spiel mit der Sprache ein. Und so wird aus dem Bürgerhaus das Gemeindehaus, das Haus der Begegnung mit der Stadtverwaltung oder das Haus der Bürger*innen. Sie lässt dabei immer auch den Freiraum, ganz unterschiedliche Alternativen zu wählen oder auch mal pragmatisch zu sagen: „Ich gehe zum Bäcker“, wenn es um die Ortsbeschreibung geht.

Die Gästin

Sie räumt aber auch mit überholten Behauptungen wie dem „generischen Maskulinum“ als scheinbar neutraler Form auf. Denn „Frauen sind mitgemeint“ ist schlicht nicht mehr zeitgemäß. Sie zeigt, dass Partizipien als genderneutrale Formen schon längst in unserer Sprache verankert sind, z. B. die Vorsitzenden, die Auszubildenden oder die Gleichstellungsbeauftragten. Da gewöhnen wir uns auch lässig an die Teilnehmenden und die Studierenden und beziehen gleich alle Menschen auch jenseits von weiblich/männlich ein.
Und manchmal ist das, was wir für eine Neuschöpfung halten, gar nicht neu. Mein Lieblingsbeispiel ist die Gästin – ein Wort, das ich nur von Gerburg Jahnke aus ihrer Frauenkabarett-Sendung Ladys Night kannte. Die Gästin, die sich seit 2009 wieder im Duden eingefunden hat, stand schon Mitte des 19. Jahrhunderts im Grimm’schen Wörterbuch.

Praktisch und pragmatisch

Was mir an dem Buch besonders gut gefällt: Die sprachwissenschaftlichen Erklärungen sind auch ohne Germanistik-Studium problemlos zu verstehen und wirklich auf die praktische Umsetzung ausgerichtet. Die Tipps zeigen, dass wir immer viele Möglichkeiten haben und manchmal auch der Pragmatismus siegen darf. Denn: Es bleibt immer unsere eigene Sprache.

Übrigens, wenn Sie die Lücke beim Sprechen zwischen Schüler und innen einmal ausprobieren möchten, gibt es eine schöne Übung aus dem Buch: Sprechen Sie einfach mal laut die Wörter: be-inhalten, Spiegel-ei und ver-eisen. Dort machen Sie nämlich vermutlich schon längst den sogenannten Glottisschlag. Danach gehen auch die Meister*innen, Kolleg*innen und Kund*innen viel leichter über die Lippen, ohne dass es künstlich wirkt.

Buchtipp: Christine Olderdissen (2022): Genderleicht. Wie Sprache für alle elegant gelingt. Berlin: Duden-Verlag

Projektseite des Journalistinnenbundes: https://genderleicht.de


Schlagwörter

geschlechtergerechtes Schreiben, Wissenschaftliches Schreiben, Berufliches Schreiben

  • Erstellt am .